Klonvermehrung

Hallo Christatahunter,
also genauso beeindruckend wie die Blütenvielfalt im Vordergrund, ist der Dicke im 3.Bild. Aber ich glaub das hab ich bei einem anderen Beitrag von dir
schon mal erwähnt.

Gust schrieb:Ich weiß ja nicht von wann die Born to be wild stammt, aber wenn die ursprüngliche Züchtung schon viele Jahreö zurück liegt, ist sollte man besser die Finger davon lassen und tatsächlich selber experimentieren so wie du, oder Neuzüchtungen vom Händler in Betracht ziehen.

Die hat leider keine Zuchtnummer (wo normalerweise eine Jahresangabe enthalten ist), aber Michi Kießling hat sie 2015 im Hybridenforum vorgestellt und erwähnt, dass die Pflanze - die er als Aufzüchter ursprünglich von Sepp Gufler aus Rosenheim bekam - das 3. Jahr bei ihm blüht. Daraus lässt sich ableiten, dass die Kreuzung vor ca. 10-15 Jahren von Herrn Gufler vorgenommen wurde, leider ohne genaue Dokumentation. Der Samen hat ja auch nur eine gewisse Haltbarkeit, falls nicht gerade tiefgefrostet wird. Die Degeneration sollte sich also bei der 'Born to be wild' in überschaubaren Grenzen halten ...

Cristatahunter schrieb:Eigentlich macht es nur wenig Sinn, sich die Eltern zu merken.

Natürlich kann man wild drauf los pinseln und bestäuben, was einem gefällt - um dann zu schauen, was rauskommt. Und es steht Dir auch vollkommen frei nach welchem Schema Du züchtest, Stefan. Aber es wird hinterher jeder Versuch scheitern, die Abstammungsverhältnisse zu rekonstruieren. Nicht ohne Grund hat sich die AG Echinopsis-Hybriden auf klar definierte Zuchtnummern festgelegt, die in gleichbleibener Reihenfolge Rückschlüss über den Züchter (Kürzel), das Jahr der Kreuzung, die Kreuzungsnummer des Züchters, den Aufzüchter (Kürzel) und die Sämlingsnummer geben.

Beispiel und zugleich eine der berühmtesten Kreuzungen von "Meister" Liske: RL.2005.0031.WZ.001 ('Wörlitz' ⨉ 'Cantora Gelb')

Aufgedröselt sind in der Nummer folgende Infos enthalten:
- Züchter: Reinhard Liske
- Jahr der Kreuzung: 2005
- 31. Kreuzung von Herrn Liske im Jahr 2005
- Aufzüchter: Peter Wurzel
- 1. Sämling dieser Kreuzung bei Herrn Wurzel

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RL.2005.0031.WZ.001

Die AG lebt von gemeinschaftlicher Zuchtarbeit. D.h. verschiedene Züchter profitieren gegenseitig von ihren Kreuzungen durch Austausch von Samen. Eine Kreuzung kann so bei einem Dutzend Kakteenfreunden aufgezogen werden und unter verschiedenen Kulturbedingungen. Das erhöht den Pool an blühfähigen Pflanzen, den man dabei herausbekommt, immens. Es kann selektiert werden und die besten Blüten fließen wieder in die neuen Generationen ein.

Ohne genaue Dokumentation der Zuchtlinien ist das Potenzial bestimmter Kreuzungen kaum abschätzbar. Einige Sorten wie die allseits beliebte 'Wörlitz' von Hartmut Kellner versprechen sehr gute Ergebnisse hinsichtlich der Weitergabe ihres tiefen Rotvioletts in Form von Steifen und Maserungen. Gleichzeitig vererbt sie ihre Farbe ziemlich dominant, sodass die meisten Blüten einfarbig sind oder ganz der Mutter entsprechen. Und schließlich gibt es noch die restlichen 5-10%, die spektakulär werden (können). Ein bisschen Zufall bleibt immer - es ist jedoch möglich, "clever" vorzugehen und möglichst Abstammungslinien mit höherem Potenzial miteinander kreuzen.

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'Wörlitz'

Drauf los pinseln macht aber mehr Spass als Kindel kaufen und hoffen das es dann mal blüht.
Ab und zu gibt es dann auch was Besonderes.

Darauf zu hoffen das eine Born to be wild durch Zufallspinseln entsteht ist vermutlich gering.
Aber da ich aktuell weder das Wissen noch den Platz habe hier zu experimentieren, schau ich halt was mir ausserordentlich gut gefällt. Wenns dann noch vom Pflegeaufwand zu mir passt, kauf ich den Klon. Würde ich züchten dann vermutlich mit einer bestimmten Vorstellung was rauskommen soll. Wenn da ein System oder Erfahrungen von Anderen helfen, dann wunderbar. Aber da wird vermutlich jeder anders glücklich.
Auf jeden Fall bin ich froh hier im Forum von euren Erfahrungen und Tipps zu profitieren.
LG Rudi

Allerdings muß ich feststellen, kaum eine der wundervollen Hybriden welche z.B. im Hybridenforum gezeigt werden sind für Nichtmitglieder erhältlich. Außer man hat Glück und der Züchter fängt mit MK an und hat sie auch noch in Vermehrung. So gesehen hat man es natürlich besser wenn man viel Platz hat und viele Kakteen, welche dann noch gleichzeitig blühen.

Gust schrieb:Aber gibts da keine Veränderungen wenn zu häufig weiter geklont wird?

Doch, die gibt es! Das Stichwort heißt Epigenetik, d.h. bei ein und der selben DNA werden Abschnitte inaktiv (spontan, durch Umweltbedingungen etc.) und dadurch die Eigenschaften anders. Bei Pflanzen, die ständig neue Teile bilden, passiert das häufig an den verschiedenen Teilen. Bekannt zum Beispiel bei Kamelien, besonders den mit gemischfarbiger Blüte. Da entstehen an einer rot-weiß blühenden z.B. manchmal Seitentriebe, die rein rot oder weiß blühen (degenerieren). Macht man davon Stecklinge, blühen die neuen Pflanzen auch rein rot oder weiß, denn Epigenetik wird auch vererbt.
Daneben gibt es eine Reihe endophytischer Viren, die nach Befall der Pflanze auch Veränderungen hervorrufen und bei der vegetativen Vermehrung weitergegeben werden. Ich glaube, in Bezug auf Blütenfarbe gibt es bei Kakteen so was bei Epikakteen. Und dann gibt es natürlich auch klassische Mutationen.
Wenn man Sorten vernünftig erhalten will, ist also auch beim Klonen Sorgfalt und Kontrolle angebracht. Von einer italienischen Gärtnerei erhielt ich letztens eine Hildewinter Hot Lipstick, welche trivitale rote Blüten hervorbringt, statt der sortentypischen. Die werde ich ohne Sortenschild als unbekannte Hybride an eine der Personen verschenken, die immer sagen "Du hast doch so viele Kakteen, kannst du mir da mal einen schenken...".

Wenn der Züchter MK heißt, dann hast du nicht nur die Chance, an tolle Hybriden heranzukommen, sondern dass auch noch als vorbildliche Pflanze zu einem absolut fairen Preis. Die Born to be Wild habe ich da zu dem Preis eines Döners (mit extra Fleisch) bekommen, andere begehrte Hybriden gibt es dort immer wieder mal zu völlig übersichtlichen Preisen. Wenn ich mir dagegen anschaue, zu welchen astronomischen Summen auf ebay die Zentimetergroßen frisch von der Mutterpflanze abgeknubbelten Mini-Kindel über die Theke gehen....

Das mit dem italienischen Versender bestätigt ein bischen meine Bedenken mit Ebay etc.. Evtl. wars ein Zwischenhändler und kein Züchter oder Gärtner.
Die Hot Lipstick würd mir allerdings auch gefallen..Gottseidank ist das Chiemgau knappe 3 Autostunden weg, sonst wärs schwer mit meiner selbstaufgelegten, notwendigen Sammelbeschränkung.

Nein, der italienische Händler war tatsächlich eine ausgewiesene Kakteengärtnerei mit einem gewissen Fokus auf Hybriden. Muss ja nicht wissentlich passiert sein, auf jeden Fall blüht dieser Ableger anders.
Im Mai steht ein Besuch im Chiemgau an... Gewächshaus letztes Frühjahr gebaut, dieses Frühjahr voll, so ist das leider...

Wenns Gewächshaus voll ist......aber da steht doch bestimmt noch irgendein Sessel oder so der rauskann? So zumindest nach den Schilderungen hier inm Forum:)
Im Mai wär ich auch gern einen Tag dort, vorort gibts doch mehr zu sehen als nur im Shop.

Dogma schrieb:

Gust schrieb:Aber gibts da keine Veränderungen wenn zu häufig weiter geklont wird?

Doch, die gibt es! Das Stichwort heißt Epigenetik, d.h. bei ein und der selben DNA werden Abschnitte inaktiv (spontan, durch Umweltbedingungen etc.) und dadurch die Eigenschaften anders. Bei Pflanzen, die ständig neue Teile bilden, passiert das häufig an den verschiedenen Teilen. Bekannt zum Beispiel bei Kamelien, besonders den mit gemischfarbiger Blüte. Da entstehen an einer rot-weiß blühenden z.B. manchmal Seitentriebe, die rein rot oder weiß blühen (degenerieren). Macht man davon Stecklinge, blühen die neuen Pflanzen auch rein rot oder weiß, denn Epigenetik wird auch vererbt.

Obwohl Du Recht hast ist das ein Spiel der Wahrscheinlichkeit und erfordert, dass die Mutation bzw. die epigenetische Veränderung genau da in der einen Zelle passiert, aus der dann das ganze Kindel entsteht. Das ist ziemlich unwahrscheinlich und somatische Veränderungen sind daher normalerweise recht selten ( wenns nicht gerade ein Maistransposon ist...ich nehme an, Du bist Profi und verstehst was ich meine) In der Praxis sollten daher 99+% aller Kindel genau gleich der Elternpflanze sein. Viele Pflanzen werden ja nur gekindelt, z.B. Bananen und die degenerieren auch nicht.